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zum 26. Symposion Deutschdidaktik

Tagungsthema

Deutschdidaktik in Zeiten gesellschaftlicher Transformationen

Das Tagungsthema MEHRalsSPRACHE richtet den Blick auf Sprache(n) als Gegenstand und Medium des Deutschunterrichts und eröffnet ein Feld des Austausches über die vielfältigen Bewegungen und Veränderungen in der Deutschdidaktik.

Seit seiner Gründung hat sich das Symposion Deutschdidaktik verändert: Während von innen die Konsolidierung der Deutschdidaktik als eigenständige Wissenschaft starken Einfluss auf die Diskurse des Symposions genommen hat, haben veränderte gesellschaftliche Bedingungen des Zusammenlebens und insbesondere die sich wandelnden kommunikativen und ästhetischen Formen von Sprache auf die Disziplin eingewirkt. Diese Entwicklungen verändern nicht nur den Deutschunterricht, sie eröffnen auch neue Aufgabenfelder der didaktischen Modellierung von (schrift-) sprachlicher und literarischer Sozialisation, Aneignung und Vermittlung, sie fordern aber gleichzeitig auch unser Gegenstandsverständnis heraus und zwingen zur Verständigung über grundlegende Annahmen der Fachdisziplin.

Transformative Dynamiken wie die Medienentwicklung, Digitalität und KI, der veränderte (pädagogische) Anspruch zum Umgang mit Diversität und die voranschreitende sozial-kulturelle Diversifizierung können dabei beispielhaft als Triebkräfte mit weitreichenden Konsequenzen für die Gegenstandsfelder des Deutschunterrichts begriffen werden. Infolgedessen hat sich – zumindest in der deutschdidaktischen Forschung – unter anderem der Textbegriff erheblich erweitert: Neben der Verbalsprache scheinen zunehmend auch andere Modalitäten bspw. in Bilderbüchern, Performances, Filmen und Games an Bedeutung zu gewinnen, um Heranwachsenden Zugänge zu kulturellen Symbolsystemen zu ermöglichen, an kinder- und jugendkulturelle Lebenswelten anzuknüpfen und diese für Erwerbsprozesse in Bezug auf Literalität und Literarität zu nutzen.

Offen bleibt in diesen Diskursen, wie sich nicht nur die mediale Repräsentation von Sprache und Bedeutung verändert, sondern auch, wie sich darin veränderte Diskurs- und Wissenskulturen artikulieren, die tradierte Vermittlungsvorstellungen grundlegend herausfordern und konventionelle Formen von Schriftsprachlichkeit infrage stellen. Gleichzeitig geraten bspw. Vorstellungen monolingualer Sprachvermittlung in Widerspruch zu sozial-diversifizierten Lebenswelten und partizipativen Wissenskulturen einer postmigrantischen Gesellschaft. Das fordert nicht nur zur Reflexion über das Normalitätsverständnis der ,Deutsch‘-Didaktik heraus, sondern ist auch Anlass zur (macht-)kritischen Auseinandersetzung mit dem Deutschunterricht.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass gesellschaftlicher Wandel und technische Entwicklung maßgeblichen Einfluss auf fachliche Sachverhalte des Deutschunterrichts haben. Zu fragen ist, inwiefern sich diese Einflussfaktoren auf unser Verständnis von Sprache auswirken und wie sich dies wiederum bei der Modellierung von Unterrichtsgegenständen niederschlägt. Die damit verbundenen Spannungsverhältnisse werden im Kontext deutschdidaktischer Forschung und Theoriebildung bereits bearbeitet und führen zu einer Dynamik der Vervielfältigung der Themen und Forschungsinteressen der Scientific Community, die u.a. unter dem Begriff der „Ausdifferenzierung“ (vgl. z.B. die Debatte in Didaktik Deutsch H. 75/2024) diskutiert wird. Dabei ist deutlich geworden: Der Deutschunterricht umfasst eben mehr als Sprache und mehr als eine Sprache.

Aus diesen Betrachtungen ergeben sich als Perspektive für die Deutschdidaktik folgende mögliche Leitfragen, die in den Sektionen aufgegriffen und diskutiert werden sollen:

  • Vor welchen Herausforderungen steht der Deutschunterricht in der Schule angesichts veränderter kommunikativer Bedingungen in der digitalen Welt?
  • Wie verändern sich Sprechen, Zuhören, Lesen und Schreiben und ihre Aneignung unter dem Einfluss zunehmend multimodaler Kommunikationsstrukturen?
  • Wie lässt sich der Deutschunterricht im Spannungsverhältnis kultureller Sozialisation und transkultureller Diversifizierung verorten? Welche Folgerungen ergeben sich daraus für das literarische und sprachliche Lernen?
  • Welchen Beitrag kann der Deutschunterricht für Themenfelder wie Bildung für nachhaltige Entwicklung, Inklusion, soziale Gerechtigkeit oder Demokratiebildung leisten? Welchen Einfluss hat das Fach Deutsch auf die Entwicklung sozialer Ungleichheit?
  • Wie kann unterrichtliches Handeln den Kindern und Jugendlichen ermöglichen, sprachliche Ressourcen in der einen Sprache für den Ausbau sprachlicher und ästhetischer Potenziale in einer anderen Sprache fruchtbar zu machen?
  • Wie kann die Deutschdidaktik mit an sie gerichteten gegensätzlichen Erwartungen umgehen, d.h. wie kann sie einerseits die skizzierten Transformationsprozesse gestaltend begleiten und andererseits Orientierung für den Deutschunterricht bieten?

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